Auswandern ohne Geld: Ist das überhaupt möglich?

Rainer HellsternVorbereitung11 Kommentare

Auswandern ohne Geld © slasnyi Fotolia

Diese Frage müssen wir leider gleich verneinen. Eine Auswanderung ist immer mit Kosten verbunden. Man kann allerdings nicht pauschal sagen, dass ein bestimmter Geldbetrag von 2.000 Euro oder 50.000 Euro für die Auswanderung ausreichend ist. Die Höhe des benötigten Startkapitals hängt von vielerlei Faktoren ab: den Umzugs- und Reisekosten, den Lebenshaltungskosten am Zielort, den Jobperspektiven und natürlich den eigenen Ansprüchen. Im Rahmen der Vorbereitung sollte man sich eine ganze Reihe von Fragen stellen und dann gewissenhaft kalkulieren.

Wie lange dauert es, bis man beruflich Fuß gefasst hat?

Es gibt Fälle, in denen man wirklich mit sehr wenig Geld auskommt. Wandert man beispielsweise in ein Nachbarland aus, dann sind die Umzugs- und Reisekosten unter Umständen kaum höher als in Deutschland. Auch fallen keine Gebühren fürs Visum und die Arbeitserlaubnis an, da man den Arbeitsplatz und Wohnort innerhalb der EU frei wählen darf (Personenfreizügigkeit). Hat man dann noch die Jobzusage und den Arbeitsvertrag bereits unterschrieben, muss man lediglich die Zeit bis zur ersten Gehaltszahlung überbrücken. Man benötigt also Geld für den Umzug, die Anreise sowie die Miete der neuen Wohnung. Auch im Ausland ist der Mietvertrag in der Regel mit einer Mietkaution verbunden, so dass man über Rücklagen von mehreren Monatsmieten verfügen sollte. Sofern das Geld dennoch nicht reicht, kann man für diesen einfachen Fall einen Umzugskredit beantragen, der von nahezu jeder Bank angeboten wird.

Sofern man keinen Job vorweisen kann und auch keine stetigen Einnahmen wie beispielsweise Rentenzahlungen erhält, muss man die Zeit bis zur Arbeitsaufnahme aus eigenen finanziellen Mitteln bestreiten. Hier sollte man realistisch einschätzen, ob man über eine Qualifikation verfügt, die im Zielland sehr gefragt ist. Viele Einwanderungsländer wie Kanada, Australien oder Neuseeland veröffentlichen Listen mit besonders gesuchten Berufen. Wer eine entsprechende Ausbildung vorweisen kann, sollte innerhalb von drei bis sechs Monaten eine passende Stelle finden.

Für andere Länder wie beispielsweise Spanien, wo es aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage sehr schwierig ist überhaupt eine Stelle zu finden, sollte man für einen deutlich längeren Zeitraum finanziell vorsorgen. Ein beliebtes Zitat von Spanien-Auswanderern ist folgendes (Urheber leider unbekannt):

Frage: „Wie macht man ein kleines Vermögen in Spanien?“

Antwort: Indem man mit einem großen Vermögen nach Spanien kommt!

Wer beabsichtigt sich als Auswanderer selbständig zu machen, benötigt sehr hohe Rücklagen. Neben einer guten Geschäftsidee fallen Kosten für die Firmengründung (Steuerberater, Genehmigungen etc..) , Miete, Werbung und ggf. Angestellte an. Es kann mehrere Monate bzw Jahre dauern bis ein Unternehmen rentabel ist.

Wie hoch sind die Lebenshaltungskosten am Zielort?

Auch die Lebenshaltungskosten sollte man sich am Zielort ganz genau anschauen. Während man in günstigen Ländern wie Thailand von 1.300 Euro im Monat leben kann, findet man zum gleichen Preis in New York oder London noch nicht mal eine Wohnung.

Damit das Ersparte möglichst lange ausreicht, sollte man die Kosten in der Übergangszeit so gering wie möglich halten. So empfiehlt es sich insbesondere bei den Mietkosten erst mal zu sparen und eher ein kleines Apartment anzumieten oder in eine Wohngemeinschaft zu ziehen. In einer der berühmt-berüchtigten TV-Auswandererserien hatte sich eine Familie entschieden ein Haus mit Swimming-Pool in Florida anzumieten. Die monatlichen Mietkosten betrugen knapp 4.000 US-Dollar monatlich. Ein regelmäßiges Einkommen hatte die Familie allerdings nicht. Dass bei solchen Planungen selbst das größte Budget schnell aufgebraucht ist, ist nicht verwunderlich.

Kosten für Visum und Arbeitserlaubnis

Wer in ein Land außerhalb Europas zieht, benötigt in der Regel ein Visum und eine Arbeitserlaubnis. In vielen Fällen wird hierfür auch eine saftige Bearbeitungsgebühr fällig. Hier sollten auch die Folgekosten für Passbilder, polizeiliches Führungszeugnis, ggf. Übersetzungen der Zeugnisse, Erneuerung oder Beantragung von Pässen berücksichtigt werden. Es gibt einige Länder, die beim Antrag auf Einwanderung finanzielle Rücklagen erwarten. Diese müssen dokumentiert und nachweislich vorliegen.

Wie gut sind die Sprachkenntnisse?

Außerdem sollte man vorab prüfen, ob die eigenen Sprachkenntnisse gut genug sind, um direkt eine Arbeit aufzunehmen. Ansonsten muss man im Zielland erst mal einen teuren Sprachkurs belegen. Da der Auswanderung in der Regel eine gewisse Vorlaufzeit zur Planung vorausgeht, ist es sinnvoller bereits in Deutschland seine Sprachkenntnisse aufzufrischen.

Wie teuer ist der Umzug?

Für einen Umzug innerhalb Europas kann man im Prinzip einen Kleinlaster anmieten und alles in Eigenregie durchführen. Hier gilt es allerdings zu beachten, dass nicht in jedem Land Miet-LKWs aus anderen Ländern gesteuert werden dürfen. Für einen Umzug nach Übersee fallen deutlich höhere Kosten an. Möbel und Elektrogeräte kann man entweder per Frachtflugzeug oder mit dem Schiff dorthin versenden. Beide Varianten sind aber sehr teuer. Der Transport ist außerdem nur von (Flug-)Hafen zu (Flug-) Hafen. Für den Weitertransport benötigt man dann noch mal einen LKW.Vorab sollte man genau prüfen ob Elektrogeräte in der neuen Heimat überhaupt funktionieren. Außerdem sollte man ganz genau kalkulieren, ob es nicht günstiger ist, alles in Deutschland bei eBay zu verscherbeln und im Zielland dann neu zu kaufen.

Wie hoch sind die Reisekosten?

Die Reisekosten können ebenfalls stark variieren. Kann man mit dem eigenen PKW, Bus oder der Bahn anreisen, ist es natürlich ideal. Bei der Anreise per Flugzeug gibt es große Preisunterschiede je nach Reiseziel. Während Flüge innerhalb Europas dank diverser Billigflieger mittlerweile sehr günstig sind, sind Flüge nach Übersee nachwievor sehr teuer. Hier kann man ein wenig sparen, wenn man saisonale Preisunterschiede (Neben- und Hauptsaison) berücksichtigt.

Benötigt man ein Auto / Was ist mit dem Führerschein?

Transportkosten sollten ebenfalls eingerechnet werden. Gibt es im Zielland gute öffentliche Verkehrsmittel (z.B.  in Spanien) oder ist der öffentliche Nahverkehr so schlecht, dass man sich direkt ein Auto anschaffen muss (USA). Ist der Führerschein überhaupt gültig, oder muss man im Zielland erneut einen Führerschein erwerben?

Wie viel kostet die Krankenversicherung?

Durch die Auswanderung endet die deutsche Krankenversicherung automatisch. Man muss sich also im Land neu krankenversichern. Sofern das Zielland über kein adäquates Krankenversicherungssystem verfügt ist eine Internationale Krankenversicherung eine gute Wahl. Zusätzliche Kosten können durch Impfungen und Vorbeugungsmaßnahmen entstehen. Beispielsweise wenn für das Auswanderungsziel eine Malariaprophylaxe empfohlen ist.

Kosten für die Rückwanderung berücksichtigen

Für den Fall, dass die Auswanderung nicht wie geplant klappt, sollte man auch die Kosten für eine eventuelle Rückwanderung mit einplanen. Das die Auswanderung  scheitert, kommt häufiger vor als man denkt.

Fazit

Der Finanzbedarf für eine Auswanderung lässt sich nur sehr schwer einschätzen und eine Pauschalaussage ist eigentlich unmöglich.

11 Kommentare bei “Auswandern ohne Geld: Ist das überhaupt möglich?”

  1. Ich bin vor 2 Jahren nach Burgas in Bulgarien ausgewandert, hier ist man aus dem Euro-Raum raus, kommt man mit erheblich weniger als den 1300 Euro von Thailand aus, hat Mittelmeerklima, total nette Einheimische, nur 10% Flattax auch als Firma. Viele Wohnungen werden möbliert vermietet. Ich bekam sofort eine in bester Lage mit 110 qm für ca. 200 Euro im Monat, Strom inkl. Wasser hatte ich ca. 15 Euro pro Monat mit einem perfekt deutsch sprechenden Vermieter. Konnte als freiberuflicher Übersetzer natürlich die gesamte Arbeit mitnehmen, da ich ohnehin nur über Internet arbeite, aber für Deutschland viel zu wenig verdiente um überhaupt auf Dauer überleben zu können.

  2. Die Kalkulation von Rückwanderngskosten ist nicht erforderlich. Ich kenne viele Rückwanderer aus Lateinamerika – und das hat sich mittlerweile herum gesprochen – die sich mittellos den Botschaften stellen. Diese sind verpflichtet, die Kosten vorzustecken. In den meisten Fällen bekommt der Staats diese Kosten auch nicht wieder zrück, da Rückwanderer meis in Hartz4 abrutschen.
    Also mit Kosten der Rückwanderung muss (88uimindest) niemand kalkulieren.
    Gruss aus Panama
    Dr. Ramiro Arena

  3. Jeder, der auswandern möchte bzw. mit den Gedanken spielt auszuwandern, sollte sich vorher das Handbuch hier lesen. Sehr hilfreiche Informationen.
    Danke vielmals, und weiter so.

  4. Wieso werden die Phillipinen nicht erwähnt, sind sie negativ bzw. ungünstiger zum Auswandern. Ich bin Pensionär mit einem relativ vorteilhaften Einkommen, und ich beabsichtige sobald ich mein Haus verkauft habe, auf die Phillipinen auszuwandern !
    Ist die deutsche Sprache irgendwo angebracht, oder nur englisch ?

  5. Das Zitat von Spanien-Auswanderern gibt es auch in Paraguay. Hier lebe ich schon über 8 Jahre, ich kenne auch etliche Auswanderer und wenige Rückwanderer. Als Hauptgründe für eine Rückwanderung, zu wenig Startkapital und wenig Sprachkenntnisse. Ich habe auch schon einigen vom Auswandern abgeraten, wenn dies nicht gegeben war. Gut bezahlte Arbeit findet man nicht und erfolgreich selbständig machen ist auch nicht schnell.

  6. Ich würde schon die Kosten der Rückwanderung einkalkulieren. Ich würde persönlich nicht arm werden wollen danach.

  7. Kommt auf die Ansprüche und Umstände an.Ich hatte damals meine Wohnung aufgelöst, und bin auf gut Glück nur mit einem Rucksack und eine Rücklage von ungefähr €1500 nach Irland gegangen ohne mir vorher eine Unterkunft oder einen Job besorgt zu haben.Ich dachte damals nur,wenn es nicht klappen sollte,habe ich wenigstens einen schönen Urlaub gehabt 😉

    Geschlafen hatte ich die ersten Wochen im Hostel und mich vor Ort beworben.Mein Englisch war damals etwas holprig aber das hat mich nicht abgeschreckt es dennoch zu versuchen.Und kurze Zeit spaeter habe ich in einem Shop arbeiten koennen,trotz fehlender Sprachkenntnisse.Damals war es einfach Arbeit zu finden und kurz danach auch eine permanente Unterkunft.Weil in Irland die Häuser möbliert vermietet werden, musste ich kein Geld fuer eine Einrichtung ausgeben.Ich hatte einfach Glück mit dem Timing.Der Celtic Tiger war im vollen Gange zu der Zeit und es standen einem viele Türe offen bei der Jobsuche.

    Für meine Rückkehr nach Deutschland werde ich es nicht anders machen.Nur einen Koffer und eine kleine Rücklage um mir eine Unterkunft mieten zu können und für die ersten Wochen über die Runden zu kommen.Ich finde es wichtig ein paar finanzielle Reserven zu haben,um sich unnötigen Stress zu ersparen.Hartz 4 will ich auf keinen Fall beantragen,schon alleine weil ich viel Schlechtes über die Behandlung der Menschen von Jobcentern gehört habe.Nach der aktuellen guten Wirtschaftslage in Deutschland brauche ich mir hoffentlich hinsichtlich der Arbeitssuche in Deutschland keine Sorgen zu machen.Einzig die Eingewöhnung nach langer Abwesenheit könnte schwierig werden.

  8. Bea
    Ja, Wohnung finden wird sehr sehr schwerig innerhalb Deutsche Großstädten….

  9. Auf die Philippinen wollte ich nicht auswandern. Viele Auswanderer berichten von dort, dass die stark säurehaltige Luft etwa die Wandfarbe der Zimmer so intensiv auffrisst, dass jährliche Anstriche nötig sind! Die Industrie, welche uns u.a. die günstigen Klamotten in den KIK-Shops & Co ermöglicht, stößt dort ungefilterte Gifte in die Luft, da ist BASF ein Luxusausstoß dagegen!! Das kann auch nicht gut für die MENSCHEN selbst sein! Zudem zuviele starke Stürme wie in diesen Tagen (26.12.2016) wieder. Auch soll man dort NICHT mit 350 EUR monatlich für die Lebenshaltung auskommen. Es hat sich enorm verteuert in den letzten Dekaden. Braucht man – alles – nicht.

  10. Stellensuche bei Rückkehr in Deutschland kann meiner Erfahrung nach sehr lange dauern. Generell ist je nach Ort mit einer Suchzeit von 6 Monaten bis über ein Jahr zu rechnen. Bewerbungsprozeduren in D sind zähflüssig und lang. Man sollte nicht vergessen dass die Stellensuche in Deutschland im Durchschnitt laut Arbeitsagenturstatistiken über ein Jahr dauert und nur etwa 6 Wochen in den USA. Wer dringend Arbeit braucht zieht daher eventuell besser in ein anderes Drittland weiter.

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