Lebenshaltungskosten Schweiz: Ist die Schweiz wirklich so teuer?

Rainer HellsternSchweiz9 Kommentare

Leben in der Schweiz

Deutsche Auswanderer lassen sich gerne von den hohen Löhnen in der Schweiz blenden. Das durchschnittliche Bruttogehalt eines Arbeitnehmers liegt bei beachtlichen 6.538 Schweizer Franken (ca. 5.900 Euro) monatlich und damit deutlich über dem in Deutschland (ca. 3.770 Euro). Doch in der Schweiz sind auch die Lebenshaltungskosten weit höher. Städte wie Zürich oder Genf zählen zu den teuersten Wohnorten der Welt. Daher sollte man vor der Auswanderung auch die Ausgabenseite betrachten. Ob die hohen Lebenshaltungskosten in der Schweiz durch noch höhere Löhne kompensiert werden, zeigt der Vergleich zwischen Deutschland und der Schweiz.

Lebenshaltungskosten in der Schweiz
Lebenshaltungskosten in der Schweiz

Steuern und Sozialabgaben in der Schweiz

Wie hoch sind die Steuern und Sozialabgaben für Durchschnittsbürger in der Schweiz? Diese Frage lässt sich nicht so leicht beantworten. In der Schweiz gibt es nämlich keine einheitliche Steuerbelastung. Sowohl der Bund, die Kantone und Gemeinden erheben Einkommenssteuer. Die Kantone und Gemeinden stehen dabei im harten Wettbewerb zueinander und haben die Steuern in den letzten Jahren zum Teil stark gesenkt um Unternehmen und wohlhabende Bürger anzulocken. Aus diesem Grund unterscheidet sich die steuerliche Belastung je nach Wohnort massiv und die Frage nach der Steuerlast kann daher nur in verallgemeinerter Form erfolgen. Laut einer OECD Studie aus dem Jahr 2020 müssen Alleinstehende Arbeitnehmer mit dem Einkommensniveau eines durchschnittlichen Arbeitnehmers 17,4 Prozent des Bruttoeinkommens für Steuern und Sozialabgaben aufwenden. Bei einem Ehepaar mit zwei Kindern liegt die Belastung mit durchschnittlich 10,9 Prozent deutlich niedriger.

Die durchschnittlichen Steuern und Sozialabgaben liegen damit aber weit unter denen von Deutschland (Singles: 39,31 Prozent, Ehepaar mit zwei Kindern: 31,08 Prozent).

Durchschnittliche Steuer- und Abgabenlast in der Schweiz:

Ehepaar mit zwei Kindern
10.9%

Single ohne Kinder
17.4%

Durchschnittliche Steuer- und Abgabenlast in Deutschland

Ehepaar mit zwei Kindern
31.08%

Single ohne Kinder
39.31%

Quelle: OECD Taxing Wages 2020

In der obigen Statistik sind allerdings nur die Sozialabgaben enthalten, die von Arbeitnehmern getragen werden. Wird der Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung (Krankenversicherung, Rentenversicherung etc..) zudem berücksichtigt, liegt die Abgabenlast bei Singles in Deutschland bei 49,4 Prozent und ist damit nach Belgien die zweithöchste der Welt. Währenddessen liegt die Abgabenlast in der Schweiz bei durchschnittlich nur 22,3 Prozent.

Exkurs: Wie wird die Einkommenssteuer bei Ausländern in der Schweiz erhoben?
Ausländer, die sich beruflich in der Schweiz aufhalten, erhalten in den ersten fünf Jahren die Aufenthaltsbewilligung B. Dies bedeutet, dass die Einkommenssteuer (in diesem Fall genannt Quellensteuer), direkt vom Arbeitgeber abgeführt wird. Schweizer Bürger sowie Ausländer, die nach fünf bis zehn Jahren eine Niederlassungsbewilligung (Aufenthaltsbewilligung C) erhalten, müssen im Gegensatz dazu die Steuern erst zum Ende des Jahres bezahlen.

Krankenversicherung in der Schweiz

In der Schweiz muss die Krankenversicherung komplett vom Arbeitnehmer gezahlt werden. Die Prämien können je nach Krankenkasse stark variieren. Bei einem Durchschnittsgehalt von 6.000 Schweizer Franken sollte man mit ca. 300-400 CHF für die Krankenversicherung rechnen. Bei der Auswahl der Versicherung sollte insbesondere auf den “Eigenanteil” geachtet werden. Die Selbstbeteiligung (Franchise + Selbstbehalt) kann bei Behandlungen bis zu 1000 Franken jährlich betragen. Wer bereit ist eine hohe Franchise zu zahlen, kann eine Versicherung für unter 200 CHF finden.

In Deutschland wird die Krankenversicherung in gleichen Teilen von Arbeitnehmern (7,3 Prozent + 1/2 Zusatzbeitrag) und Arbeitgebern (7,3 Prozent + 1/2 Zusatzbeitrag) getragen. Selbstständige müssen in Deutschland den gesamten Krankenversicherungsbeitrag (14,6 Prozent + Zusatzbeitrag) selbst bezahlen. Der Zusatzbeitrag wird von den Kassen individuell erhoben und liegt im Durchschnitt bei 1,1 Prozent.

Weitere Versicherungen

Für weitere Versicherungen wie Haftpflicht oder eine Hausratversicherung, sollte man ca. 200 CHF monatlich einplanen.

Wohnen: Hohe Mieten in der Schweiz

Städte wie Zürich, Basel, Bern oder Genf zählen zu den teuersten Wohnorten der Welt. Aufgrund der starken Zuwanderung in den letzten Jahren sind die Mieten extrem gestiegen, es gibt in den Städten kaum noch Leerstand (z.B. 0,5 Prozent in Zürich). Für einen funktionierenden Wohnungsmarkt (ohne Spekulationsblase) wären 1-2 Prozent Leerstand erforderlich. Bei den Mietkosten sollte man mit mindestens dem doppelten kalkulieren, wie bei den hiesigen Großstädten München oder Frankfurt.

Zürich: Je nach Wohnlage sind große Abweichungen möglich. So kann eine 4 ½ Zimmerwohnung mit 110 m² Fläche in Zürich je nach Wohnlage zwischen 2.500 (verkehrsbelasteter Standort) und 4.500 Franken (in der Nähe des Sees) monatlich kosten. (Link)

Basel: Wohnungen in Basel sind knapp 5% günstiger als in Zürich. Allerdings sind die Preisunterschiede in Abhängigkeit zur Lage geringer als in Zürich. Hier zahlt man zwischen 2.000-2.500 Franken für eine 4 ½ Zimmerwohnung.

Allgemein: Die Mietpreise sind in den letzten 10 Jahren um gut 20 Prozent gestiegen. In der Schweiz gibt es große regionale Unterschiede, so sind die Mietkosten außerhalb der großen Städte deutlich günstiger. Der Durchschnittsbürger zahlt für die Wohnung 1.300 Schweizer Franken monatlich. Am teuersten ist der Kanton Zug mit 1.740 Franken, im Kanton Jura wird durchschnittlich nur die Hälfte gezahlt.

Nebenkosten: Die Nebenkosten wie Strom und Heizung belaufen sich je nach Wohnung und Größe auf ca. 100-300 CHF im Monat. Telefon und Internet gibt’s für ca. 60 CHF dazu. Für die Schweizer GEZ, genannt Billag, zahlt man monatlich knapp 40 CHF.

Haushaltshilfe: Die Haushaltshilfe in der Schweiz verlangt mindestens 30 CHF pro Stunde.

Auto und öffentliche Verkehrsmittel

Da viele Schweizer aufgrund der hohen Mietkosten außerhalb der Großstädte wohnen, müssen sie täglich lange Strecken ins Büro fahren. Für Auto, Benzin und/oder öffentliche Verkehrsmittel zahlt der Durchschnittsschweizer monatlich rund 750 Franken.

Lebensmittelpreise

Lebensmittel kosten mindestens 20 – 30 Prozent mehr als in Deutschland. Migros und Coop sind die großen Ketten in der Schweiz und nicht immer günstig. Allerdings machen auch in der Schweiz immer mehr Discounter wie Aldi und Lidl auf, welche die bisherigen Marktführer stark unter Druck setzen. Das führt zu teilweise  sinkenden Preisen.

Lebensmittelpreise in der Schweiz / Stand: Januar 2020

Tipp: Lohnenswert kann eine Auswanderung in Grenznähe sein. Dann kann man in der Schweiz leben und arbeiten und zum Einkauf nach Deutschland fahren. Ein solcher Grenztourismus ist auch sehr beliebt bei den Schweizern, die in Grenznähe wohnen.

Ausgehen / Restaurantbesuche / Freizeit

Auch hinsichtlich der Freizeitaktivitäten ist die Schweiz alles andere als günstig. Für einen Kinoabend zahlt man bis zu 25 CHF. Eine Pizza im Restaurant gibt es ab 14 CHF. Einmal Essen gehen kann 40 CHF kosten. Ein Big Mac kostet im McDonalds Schnellrestaurant in der Schweiz 6,11 Euro (in Deutschland 4,17 Euro).

Restaurantpreise in der Schweiz / Stand: Januar 2020

Fazit

Die Schweizer Lebenshaltungskosten sind im Vergleich zu Deutschland sehr hoch. Das bemerken vor allem deutsche Urlauber, für immer mehr Menschen sind Ferien in der Schweiz unerschwinglich. Für deutsche Arbeitnehmer lohnt sich die Auswanderung in die Schweiz aus finanzieller Sicht aber dennoch. Dank höherer Löhne und der gleichzeitig sehr niedrigen Steuerbelastung sind die hohen Lebenshaltungskosten ohne weiteres verkraftbar. Am Ende des Monats bleibt für Schweizer trotz höherer Kosten mehr Geld in der Tasche.

über mich

Rainer Hellstern

Mein Name ist Rainer und ich bin Gründer und Autor des Auswandern Handbuchs. Seit 2008 verfasse ich hier Beiträge rund um die Themen Arbeit, Leben und Rente im Ausland. Mehr über mich.

9 Kommentare bei “Lebenshaltungskosten Schweiz: Ist die Schweiz wirklich so teuer?”

  1. Hallo,

    Ihr habt vergessen das in der Krankenversicherung kein Zahnarzt inbegriffen ist. Zusätzliche Zahnversicherungen sind sehr teuer, genau wie der Gang zum Zahnarzt. Diese Kosten sind in Deutschland über die gesetzliche Krankenversicherung abgedeckt.

  2. hallo Andre.

    wie teuer sind die zusätzliche Zahnversicherungen im Durchschnitt?
    und wie teuer ist der Gang zum Zahnarzt im Durchschnitt?

    Danke im voraus..

  3. Hallo .
    Ich habe 15 jahre in der schweiz gelebt und bin froh wieder in deutschland zu leben. Ich kann jeden raten es sich genau zu überlegen in die schweiz zu gehen. Teure mieten, krankenkasse nicht im lohn inbegriffen und auch die steuern muss man ende jahr bezahlen. Wenn man deutscher oder österreicher wird hat man bei den behörden verschiessen und hat kein ansehen. Ich bin froh zu hause zu sein und wünsche jeden der in die schweiz geht viel spass und vergnügen .

  4. Hallo zusammen,
    gerne mag ich meine Erfahrungen zum arbeiten in der Schweiz weitergeben. Ich habe die letzten 14 Jahre vor Rentenbeginn in der Schweiz gearbeitet. Allerdings in Deutschland grenznah gewohnt. Für mich hat sich das in Bezug auf meine Rente voll gelohnt. Da ich wie gesagt in Deutschland gewohnt habe, müsste ich leider die komplette in Deutschland anfallende Steuer zahlen. Bei der Krankenversicherung ist es in diesem Fall etwas anderes. Ich war in der Schweiz KV versichert und habe auch dort meine Beiträge gezahlt, gibt es allerdings auch günstige, müsste aber eine deutsche Trägerkasse haben. Von dort habe ich auch alle in Deutschland geltenden gesetzliche Leistungen erhalten. Aber meine Altersversorgung ist durch die 14 Jahre in der Schweiz top. Aus der gesetzlichen AHV (gesetzlich Rentenversicherung in der Schweiz) erhalte ich genausoviel Rente wie nach 36 Jahren in Deutschland. Dazu kommt noch die Pensionskasse, die in der Schweiz Pflicht ist und hälftig vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu zahlen ist. Als Deutscher mit Wohnsitz in Deutschland habe ich bei Rentenbeginn die Wahl zwischen Bezug einer Rente oder Auszahlung als Einmalbetrag. Mein Fazit ich freue mich heute Jeden Monat wenn ich mein Konto betrachte😀

  5. Ihr habt Kinderbetreuungskosten total ausgelassen. Neu in D kostenlos, in CH sind 50% des Nettolohnes keine Seltenheit. Und wohin mit den Kids wenn man die 10 Kit Ferienwochen mit den 4 Betriebsurlaubswochen vereinbaren muss?
    Kostet ordentlich extra.
    In der Schweiz lohnt es sich als Frau mit Familienplänen nicht. Es sei denn man ist reich. Ach nein, da erhöht sich ja dann die Progressionsstufe.
    Selbst im steuergünstigen Kanton macht es finanziell keinen Sinn.
    Da ist man in D schon fast im Paradies!

  6. @singson wo in D bezahlt man den keine Betreuungskosten? Kinder in D = Paradis? Von wegen! Auch in D lohnt die Elternschaft rein gar nicht. Die Mieten sind im Verhältnis zu dem Verdienst exorbitant Hoch, vom Strompreis gar nicht erst zu reden. Die Betreuungskosten werden nach Einkommen berechnet die Anzahl der Personen im Haushalt zählen dabei nicht. Das kann dann ganz schnell das hart verdiente Geld auffressen und das so heftig das man eigentlich schon nur dafür arbeitet das Kind betreuen zu lassen. Ganz zu schweigen was passiert wenn du nicht nur 1 Kind hast. Von dem geringen Verdienst in D, den hohen Steuern und dem ganzen drum herum mal abgesehen. Deutschland straft die Eltern ab und zwar massiv. Ich würde niemandem empfehlen in D Kinder zu bekommen.

  7. In München zählt man ca 700€ für den Kita Platz und 2000€ für 90qm warmmiete (und das in feldmoching und nicht irgendwo an Grünwald. Einkommen ist im Vergleich deutlich geringer.. steuerabgaben höher.. ein Cappuccino kostet in München auch keine 2,5€. Man sollte den Wohnort nicht am Geld festlegen sondern da wohnen wo man sich wohlfühlt aber die ganzen Deutschland ist soviel günstiger als die teure Schweiz kann ich als Münchner nicht verstehen. Wenigstens bekommt man anständige Gehälter.

  8. Meine 2 Cents zum Thema:
    Wer mit seiner Familie in die Schweiz kommt oder dort eine gründen möchte, muss schon überdurchschnittlich gut verdienen.
    Beispiel Kinderbetreuung in der Schweiz. Bei den Kitas kommt man je nach Kinderalter und Region auf Kosten von 4500-5500CHF für zwei Kinder. Das sind im Jahr satte 54000 – 66000 CHF. (Für uns war das seinerzeit ein echter Schock. Da geht ein Gehalt komplett drauf.)
    Für eine Zahlspangen-Behandlung zahlt man ja nach Schwere der Fehlstellung bzw. Dauer der Behandlung zwischen 15000 – 30000 CHF. Überhaupt sind die Kosten für die medizinische Versorgung insgesamt sehr hoch. Es gibt keine Familienversicherung, sondern nur Kopfprämien. Die minimale Grundversicherung für eine 4-köpfige Familie mit kleinen und schulpflichtigen Kindern beträgt für eine Familie ca. 2000CHF pro Monat, wobei die Kosten in der Schweiz kontinuierlich steigen. Dazu kommen diverse Zusatzversicherungen und die obligatorischen Beteiligungen an den Krankheitskosten.
    Nicht zu vergessen, sind die sonstigen fixen Kosten, für Versicherungen (Hausrat, Haftpflicht, Rechtsschutz, Autoversicherung, Vorsorge, etc.), diverse Gebühren, Strom, Wasser, Miete, usw. Da kommen schnell nochmals 3000-6000CHF pro Monat zusammen. Dann kommt noch der ganze Konsum dazu. Mit 12000-15000CHF/Monat Lebenshaltungskosten kann man als Familie locker rechnen. Das entspricht 140000 – 180000 CHF pro Jahr.

  9. Dass man in der Schweiz nur 4 Wochen Ferien hat und sich mit bis zu einer 50h Woche kaputt schuftet sollte man auch noch erwähnen

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