Expat – als Fachkraft im Ausland

Rainer HellsternArbeiten im Ausland3 Kommentare

12.07.2007 18:39 Flughafen Frankfurt von frijolito75 by Flickr.com

Expats haben gute Chancen im Ausland dauerhaft Fuß zu fassen. Das sagen zumindest viele Auswanderungsexperten. Die Realität sieht aber ganz anders aus. Wir sind der Frage auf den Grund gegangen und erklären zudem ausführlich, was sich hinter dem Begriff Expats überhaupt verbirgt.

Der Begriff “Expat” – was versteht man darunter?

Der Begriff “Expat” steht für Fachkräfte, die vorübergehend für eine heimische Firma im Ausland tätig sind. Sie bauen im Ausland Abteilungen oder Tochterunternehmen auf. Bei den Arbeitgebern handelt es sich meist um internationale Unternehmen. In Deutschland werden Expats von zahlreichen Konzernen, wie zum Beispiel VW, BMW oder Siemens,  gesucht. Der Auslandsaufenthalt ist zeitlich begrenzt und liegt meist zwischen 1 und 3 Jahren. Für Expats gelten andere Visabestimmungen. Daher haben Expats gerade in Ländern mit schwierigen Einreiseverfahren gute Chance ein Visa zu erhalten.

Arbeiten als Expat

Expats werden von internationalen  Unternehmen ständig gesucht. Allerdings wird man nicht gleich ins Ausland geschickt. Viele Konzerne setzen auf eine gute Vorbereitung. Wer sich als Expat qualifizieren will, sollte bereits längere Zeit im Unternehmen tätig sein. Neueinsteiger bekommen nur selten eine Chance. Einzige Ausnahme sind geplante Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. Hierbei wird eine gewisse Anzahl von Expats gesucht und in internen Maßnahmen für den Auslandsaufenthalt vorbereitet und geschult. Expats sind meist schon lange für die Firma tätig und kennen die gesamten Strukturen.

Voraussetzungen für Expats

Natürlich haben die Konzerne ganz unterschiedliche Anforderungen an Ihre Mitarbeiter. Grundsätzlich müssen Expats weltoffen sein und sich neuen Kulturen gegenüber öffnen können. Eine solide Ausbildung und Berufserfahrung sind genauso wichtig wie Sprachkenntnisse. Englisch muss meist zusätzlich zur Landessprache fließend beherrscht werden. Weitere Sprachkenntnisse sind von Vorteil. Offiziell gibt es keine Altersempfehlung. Allerdings werden jüngere Arbeitnehmer meist bevorzugt behandelt. Begehrt sind Akademiker mit zwei bis dreijähriger Berufserfahrung oder Fachkräfte mit Ausbildung und 5-10 Jahren Berufserfahrung. Auch das private Umfeld spielt bei der Auswahl von Expats eine große Rolle. Nicht alle Arbeitgeber kümmern sich auch um den Familienanschluss. Generell haben Singles oder verheiratete Paare ohne Kinder größere Chancen.

Ein Fallbeispiel

Nach einem erfolgreichen Studium steigt Julia als Konstrukteurin in einem großen deutschen Maschinenbauunternehmen ein. Die Abteilung wird mit insgesamt neun Jungingenieuren neu gegründet. Nach zwei Jahren soll einer der neun Fachkräfte nach China gehen, um dort eine Konstruktionsabteilung mit chinesischen Ingenieuren aufzubauen. Die Wahl fällt auf Julia. Zuvor gab es zwei berufliche Kurzaufenthalte in China. Seit mehreren Monaten lernt sie die chinesische Sprache mehr schlecht als recht. Sie spricht aber fließend Englisch. Hochmotiviert und unter dem Neid der Kollegen leidend, fliegt die junge Ingenieurin nach Shanghai. Die anfängliche Euphorie ist schnell verflogen. Ihr Arbeitsplatz liegt in der Nähe von Suzhou weit vor den Toren von Shanghai. Jeden Morgen muss sie eine lange Bahnanfahrt in Kauf nehmen. Sie wohnt anonym in einem kleinen Apartment in Shanghai. Der Kontakt zu den chinesischen Kollegen funktioniert aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse gar nicht. Englisch spricht und versteht niemand. Auch der Aufbau der Abteilung kommt nicht in Gang. Der Druck aus Deutschland ist groß. Die Mentalität der Chinesen ist ihr suspekt! Nach nur acht Monaten zieht Julia die Notbremse und geht nach Deutschland zurück. Doch hier ist kein Platz mehr für die 28-Jährige. In ihre alte Abteilung kann sie nicht zurück. Sie bekommt einen Platz in einem Großraumbüro und macht simple Zeichnungen.

Falsche Vorstellungen und schlechte Vorbereitung

Die Geschichte von Julia ist kein Einzelfall. Das haben mehrere Studien von Unternehmensberatungen und anderen Institutionen ergeben. Auch Berufsverbände kritisieren die planlose Organisation von Arbeitgebern im Umgang mit Expats. Das größte Problem ist die Wiedereingliederung nach der Rückkehr. Dass Expats scheitern könnten, wird von Personalchefs meistens nicht geplant. Selbst wer die vorgegebene Zeit im Ausland bleibt, bekommt Schwierigkeiten. Nicht selten verlängert sich der Auslandsaufenthalt unfreiwillig. In Deutschland werden die Expats nicht weiter berücksichtig und so mangelt es an passenden Arbeitsplätzen. Auslandsaufenthalte sind teuer. Im Durchschnitt kostet ein Expats einem Unternehmen knapp eine Viertel Million Euro im Jahr. Doch trotz der hohen Kosten reichen die Vorbereitungsmaßnahmen noch lange nicht aus. Viele Unternehmen sorgen vor und stellen den Expats einen deutschen Ansprechpartner oder Mentor zur Verfügung. Dadurch soll die Wiedereingliederung besser gesichert werden.

Das sollten Arbeitnehmer beachten

Ein Expat sollte das Land schon von vorherigen Aufenthalten oder Urlauben kennen, auch dann, wenn der Arbeitgeber dies nicht vorschreibt. Überhaupt sollten Interessenten sich intensiv mit dem Land vertraut machen, die Mentalität der Menschen studieren und die gängigsten Sitten und Bräuche kennen. Die Freude über den Auslandsaufenthalt ist meist so groß, dass an die Rückkehr erst gar nicht gedacht wird. Das ist ein großer Fehler! Expats sollten vorab ihre Wiedereingliederung klären. Hat das Unternehmen noch keine festen Vorstelllungen, dann sollte man lieber die Finger von dem Job lassen. Im schlimmsten Fall landet man später in nicht mehr so anspruchsvollen Positionen oder muss den Auslandsaufenthalt  sogar verlängern. Nicht selten gibt es für den Expat-Job einen gesonderten Arbeitsvertrag, der den alten Vertrag ungültig macht. Ist der Expat-Vertrag nur für die Zeit im Ausland befristet, entfällt das Recht auf eine nachfolgende Arbeitsstelle im Unternehmen. Der Expat muss sich dann nach der Rückkehr einen neuen Arbeitgeber suchen. Auch mit dem Neid der Kollegen haben viele Expats zu kämpfen. Gerade dann, wenn sich viele gleichqualifizierte Interessenten bewerben. Es ist in jedem Fall ratsam, den Kontakt zu alten Kollegen und Abteilungen aufrechtzuerhalten.

Partner und Kinder

Viele Unternehmen bevorzugen Singles für den Expat-Job. Andere Konzerne ziehen aber Paare ohne Kinder vor. Der Partner soll so die fehlenden Kontakte einigermaßen ersetzen. Die Auswahlkriterien der Firmen sind verschieden. Nicht immer kümmert sich der Arbeitgeber um die Visaangelegenheiten des Partners. Da im Ausland immer eine Dienstwohnung zur Verfügung steht, kann der Partner und die Kinder hier kostenlos mit untergebracht werden.  Es kann aber durchaus passieren, dass die Anreisekosten für den Partner aus eigener Tasche finanziert werden müssen. Das gleiche gilt für die Krankenversicherung. Führend bei der Mitnahme von Partner ist die Firma Bosch. Neben der gesamten Organisation für die Partnerbegleitung, kümmert sich der Konzern auch um die Jobsuche und die Weiterbildung des Partners. Die Kosten für Schnupperreisen werden ebenfalls übernommen.

3 Kommentare bei “Expat – als Fachkraft im Ausland”

  1. Der Blog gefällt mir. Ich überlege eventuell auf die Kanaren auszuwandern. Bin mir aber noch nicht sicher. Blogs wie dieser sind mir aber auf jeden Fall jetzt schon eine gute Hilfestellung. 🙂

  2. Hallo Peter,
    danke für Dein Lob! Wir drücken Dir die Daumen und wünschen Dir viel Glück! Hoffentlich erfüllen sich Deine Auswanderungsträume!

    Viele Grüße
    Carina

  3. Ich schließe mich mal glatt dem Peter an und der Artikel ist sehr gut gemacht. Man hört ja wirklich überall, dass deutsche Fachkräfte gefragt sind. Wir haben eben einen sehr hohen Ausbildungsstandart. Im Grunde ist Auswandern ja auch eine feine Sache, man darf sich eben nur nicht der Illusion hingeben, dass es wo anders leichter ist. Mann muss überall hard arbeiten. Dafür spricht eben auch, dass Leute die bereit sind etwas zu leisten, auch immer etwas finden werden und sich eine gute Stelle auch im Ausland sichern können.

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