Altersvorsorge in den USA: Wie sparen Amerikaner auf die Rente?

Rainer HellsternRente im AuslandKommentar verfassen

Save Money. Foto: 401(K) 2012 / Flickr (CC BY-SA 2.0)

Das Thema Rente und Altersarmut ist hierzulande in aller Munde. Unser Rentensystem steht vor großen Herausforderungen, wenn künftig aufgrund des demografischen Wandels immer weniger Beitragszahler immer mehr Rentner finanzieren müssen. Mit dem Rentenproblem steht Deutschland allerdings nicht alleine da, vom demografischen Wandel sind viele Länder Europas, die USA bis hin zu weit entfernten Ländern wie Japan betroffen. Hier stellt sich die Frage, wie Menschen in anderen Ländern vorsorgen und ob die dortigen Rentensysteme besser auf den Wandel vorbereitet sind? Im Rahmen einer mehrteiligen Artikelserie möchte ich daher zunächst das US-amerikanische Rentensystem ein wenig genauer betrachten.

Das Renteneinstiegsalter: Wann geht man in den USA in Rente?

Das Renteneintrittsalter richtet sich in den USA nach dem Geburtsjahr. Seit den 80er Jahren zeigt das offizielle Rentenalter in den USA ähnliche Tendenzen wie in Deutschland: Damals regelte der Kongress über eine Reform die schrittweise Erhöhung des Einstiegsalters von 65 auf 67 Jahre. In Realität wird diese Obergrenze vermutlich im Jahr 2027 erreicht sein. Aktuell wartet der abschlaglose Renteneintritt ab 66 Jahren auf Amerikaner bis Jahrgang 1959 und ab 67 für jüngere Amerikaner.

Sofern es die finanziellen Mittel erlauben, wählen US-Bürger den vorzeitigen Renteneintritt. In den frühen Ruhestand geht man im Land der unbegrenzten Möglichkeiten frühestens mit 62 Jahren und nimmt bei diesem Unterfangen Abschläge von bis zu 30 Prozent (5-6 Prozent pro Jahr) in Kauf. Aber auch das Aufschieben ist möglich und führt zu Erhöhungen in einem ähnlichen Umfang.

Roosevelts Renten-Revolution: Die Geschichte des US-Rentensystems

Vom demographischen Wandel und der Krise des US-Rentensystems war noch nichts in Sicht, als ehemaliger US-Präsident Franklin D. Roosevelt im Jahr 1935 angesichts der Wirtschaftskrise das Social Security System im Rahmen des sogenannten New Deal einführte. Zu Beginn begrenzte sich die Beitragspflicht in den USA auf das verarbeitende Gewerbe und expandierte erst nach dem Zweiten Weltkrieg, bis gegen Ende der sechziger Jahre eine nahezu universale Beitragspflicht bestand. Im Laufe der 80er Jahre betraf die Beitragsexpansion neben neuen Bundesangestellten gemeinnützige Organisationen und unterstützende Familienangehörige von Selbständigen, sodass das heutzutage mehr als 90 Prozent aller Berufstätigen Social-Security-Mitglieder sind. Auf bundesweiter Ebene stellt das Social Security System damit bis heute das bedeutendste Sozialabsicherungssystem der USA dar.

Social Security: die staatliche Rentenversicherung

Das Grundeinkommen beziehen US Rentner über das staatliche Rentensystem Social Security. Als öffentliches Rentensystem speist sich das Social Security ähnlich des deutschen Rentensystems von Anfang an im Wesentlichen über das Umlageverfahren. Berufstätige finanzieren dabei die staatlichen Rentenaufwendungen für aktuelle Pensionäre. Sofern Überschüsse erwirtschaftet werden, kommen diese in sogenannte „trust funds“, um die Überlebensfähigkeit des Gesamtsystems längerfristig zu sichern. Zum Aufbau nennenswerter Finanzreserven kommt es auf diese Weise aber nicht. Die Finanzierung erfolgt unter Beitrags- und Leistungsbemessungsgrenzen zu gleichen Teilen durch Arbeitnehmer- und Arbeitgeber.

Wie hoch sind die Rentenbeiträge in den USA?

Aktuell gehen US-Arbeitnehmern pro Monat 6,2 Prozent Rentenbeiträge von ihrem Gesamteinkommen ab. Denselben Prozentsatz bezahlt in Anstellungsverhältnissen der Arbeitgeber. Freiberufler müssen den gesamten Arbeitgeber und –nehmeranteil zahlen. Die Gesamtbeiträge pro Monat belaufen sich für Selbststände dementsprechend auf 12,4 Prozent. Die Belastungshöchstgrenze beträgt hinsichtlich des Jahreseinkommens liegt bei 113.700 Dollar. Etwa 40 Millionen US-Bürger beziehen derzeit in den USA eine Rente: Das macht rund 13 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Bis zum Jahr 2050 werden Pensionäre im Hinblick auf die älter werdende Gesamtbevölkerung und bei sich verbessernder medizinischer Versorgung auf etwa 20 Prozent ansteigen.

Immer mehr Angehörige der Baby-Boomer Generation von 1946 bis 1964 erreichen in den nächsten Jahren das Rentenalter. Wie der folgende Chart zeigt, sinken danach die Geburtenraten nach sehr stark und ein Umlagesystem, bei dem immer weniger Berufstätige die immer größer werdende Zahl an Pensionären finanzieren muss, gerät dadurch zwangsweise in Schieflage. Experten gehen daher davon aus, dass entweder die Beiträge erhöht oder die Renten gekürzt werden müssen.

U.S.BirthRate.1909.2003

Wie hoch ist die durchschnittliche Rente in den USA?

Rentenanpassungen erfolgen seit 1975 automatisch und tragen den steigenden Lebenshaltungskosten Rechnung. Das Rentenniveau beträgt bei der Mittelschicht in etwa 40 Prozent des vorherigen Einkommens. Ein US-Pensionär erhält 2017 durchschnittlich knapp 1360 Dollar pro Monat, also etwas mehr wie ein Durchschnittsrentner in Deutschland. Die tatsächliche Höhe der Rente orientiert sich für US-Amerikaner an den lebenslang eingezahlten Beiträgen. Trotz Social Security sind Amerikaner im Alter zunehmend auf sich gestellt und gezwungen privat vorzusorgen.

Betriebsrenten

Von der staatlichen Rente sind US-Betriebsrenten zu unterscheiden, die früher als Freifahrtschein in die goldenen Jahre galten. Im Amerika der Gegenwart haben aber nur mehr 27 Prozent aller Senioren eine Betriebsrente. Betriebsrenten werden unabhängig von der staatlichen Pension seitens größerer Arbeitgeber geleistet, die meisten davon im öffentlichen Dienst. Allerdings geht vielen Kommunen das Geld aus. In der Privatwirtschaft wurden die Betriebsrenten zum Großteil bereits abgeschafft. Vor dem Hintergrund kommunaler Finanzkrisen wird auch dieser Bereich nicht mehr lange üppig bleiben. Risiken und Kosten hinsichtlich der Altersversorgung legen sich schon seit den 80er Jahren zusehends auf den amerikanischen Privatmann und steuerlich begünstigte Rentensparpläne um.

Private Altersvorsorge in den USA

Neben der Social Security und den Betriebsrenten gibt es auch in den USA eine dritte Säule der Altersvorsorge. Während hiesige Bürger mittels Riester- oder Rüruprente die Rentenlücke schließen möchten, versuchen die Amerikaner dies über steuerlich begünstigte Rentensparpläne, bei denen in Aktien, ETFs / Indexfonds, Anleihen, Mischfonds etc.. von beliebigen Unternehmen investiert werden darf.

Bei den steuerlich begünstigten Rentensparplänen verzichten Mitarbeiter auf die Auszahlung eines Teils des Gehalts und lassen diesen in einen Sparplan einzahlen. Der Arbeitgeber kann die Einzahlungen zudem aufstocken. Besonders großzügige Firmen zahlen bis zu 100% als Bonus. Weit verbreitet sind 401(k) Pläne, bei denen bis zu 18.000 Dollar jährlich vom Bruttoeinkommen steuerfrei in das Rentendepot wandern darf. Während ein Arbeitnehmer anspart, fallen keine Steuern auf Kursgewinne und Dividenden an. Wer das Geld in der Anpsparphase aus dem Depot entnimmt, muss allerdings Strafsteuern von 10% bezahlen. Ab 60 dürfen Bürger ans Depot und müssen dies dann ganz normal versteuern. Übrigens ist dann auch die komplette Auszahlung möglich. Sowohl für Arbeitnehmer als auch -geber bleibt die Einzahlung in derartige Investitionskonten freiwillig.

Vergleich Deutschland vs. USA

Obwohl das US-amerikanische Rentensystem ähnlich das Deutsche als eines der weltweit besseren Absicherungssysteme gilt, sprechen Experten hinsichtlich der nationalen Überalterung in Folge des demographischen Wandels von schwerwiegenden Zukunftsproblemen bei der Altersversorgung. Immer weniger Menschen können sich darauf verlassen, dass die gesetzliche Renten für ein angemessenes Leben im Alter ausreichen.

Die dritte Säule mit den steuerlich begünstigte Rentensparplänen über 401(k) Pläne bietet im Gegensatz zu Riester (oder Rürup) aber einige gute Ideen: Es darf vom Bruttoeinkommen bis zu 18.000 Dollar jährlich eingezahlt werden, während sich bei Riester nur bis zu 2.100 Euro pro Jahr von der Steuer absetzen lassen. Auch die staatlche Zulage von pro Person 154 die es bei Riester gibt, hilft im Vergleich nicht viel. Die Riester-Rente hat mittlerweile in Deutschland einen schlechten Ruf, da sie häufig nur wenig Rendite bringt und von den teils hohen Gebühren hauptsächlich die Versicherungswirtschaft profitiert und eben nicht die Versicherten. Beim Abschluss über einen Makler können für die Policen bis zu 5% Abschlusskosten anfallen und auch die jährlichen Kosten für die Fondsverwaltung liegen meist zwischen 0,5 und 2% der Beiträge. Die jährliche Gebührenbelastung bei 401(k) Plänen liegt im Durchschnitt bei nur 0,78%.
Ein weiterer Vorteil der 401k Pläne ist, dass die vollständige Auszahlung ab 60 Jahren möglich ist, während man bei Riester mit 67 nur eine Einmalzahlung von 30% möglich ist und man ansonsten eine lebenslange Rente erhält. Riester lohnt sich finanziell jedoch nur, wenn man ein sehr hohes Alter erreicht.
Auch die Rente im Ausland ist mit einem Riester-Vertrag nicht immer unproblematisch und die staatlichen Zulagen / Steuervorteile müssen ggf. zurückbezahlt werden.

Auch wenn die Rentensparpläne in den USA insbesondere Gutverdienern die Altersvorsorge erleichtern, kommen viele Berufstätige überhaupt nicht zum Sparen. Durchschnittlich zahlen US-Arbeitnehmer und Arbeitgeber je etwa drei Prozent des Mitarbeitermonatslohns in die Rentensparpläne ein: Experten zufolge ein wesentlich zu niedriger Ansatz. Erst ab zehn bis 15 Prozent pro Monat sei für das Alter ausreichend vorgesorgt. Aufrufe zu mehr privaten Altersrücklagen stellen sich besonders für geringverdienende Arbeitnehmer bei steigenden Lebenshaltungskosten als undurchführbar heraus. 62 Prozent aller Amerikaner leben von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck und haben kaum Ersparnisse. Das Gesundheitssystem ist das teuerste der Welt. Zudem startet ein Durchschnittsamerikaner mit enormen Schulden durch die Studiengebühren (im Durchschnitt von 28.950 Dollar) ins Berufsleben.

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