Auswandern aus Liebe: Interview mit Dänemark Auswanderin Mary

Rainer HellsternLänder2 Kommentare

Dänemark, Leuchtturm Bovbjerg Fyr, busch63 by flickr

Vor sieben Jahren wanderte Mary der Liebe wegen nach Dänemark aus. Wie sie sich bei unseren nördlichen Nachbarn eingelebt hat, erzählt sie im Interview:

1. Hallo Mary, bitte stell dich meinen Lesern kurz vor.

Hallo! Ich bin 37 Jahre alt und komme ursprünglich von der schönen Bergstraße in Südhessen, aus einem kleinen Ort, der ziemlich genau zwischen Darmstadt und Mannheim liegt. Ende 2007 bin ich nach Dänemark gezogen. Ich lebe zusammen mit meinem dänischen Mann und unseren beiden kleinen Kindern in einem Häuschen im Grünen am Rande der Hauptstadt Kopenhagen. Ich arbeite bei einem der großen Ferienhausanbieter Dänemarks und pendle täglich nach Kopenhagen.

 2. Was war der Grund für dich nach Dänemark auszuwandern?

Die kurze Antwort lautet: Die Liebe!

Die längere Version: Anfang 2007 hatte ich in einem Skiurlaub in Österreich meinen heutigen Mann kennengelernt. Ich war zu dem Zeitpunkt 30 Jahre alt und an einem Punkt angelangt, an dem ich mir Gedanken über meine Zukunft machte. Schon länger verspürte ich den Wunsch, aus meinem Job auszubrechen und etwas ganz anderes auszuprobieren. Dies hätte ich natürlich auch in Deutschland umsetzen können. Irgendwie fand ich jedoch plötzlich den Gedanken sehr spannend, im Ausland zu leben. Eine neue Sprache zu lernen, in einer anderen Kultur zu leben, ganz neue Menschen zu treffen.

Ein paar Monate vor besagtem Skiurlaub war mein Augenmerk auf Skandinavien gefallen, insbesondere auf Norwegen und Schweden. Für mich strahlen die nordischen Länder Ruhe und Gelassenheit aus.

Außerdem gefiel mir an Skandinavien, dass dort noch alle vier Jahreszeiten existieren. Im Vergleich zur Bergstraße gibt es dort noch einen „richtigen“ Winter, Frühling und Herbst, und der Sommer hat angenehme, gemäßigte Temperaturen. Ich bin kein Sommermensch, und der Sommer an der Bergstraße ist mir zu heiß und zu drückend. Weiterhin fand ich es spannend, dass die Tage im Sommer sehr lange sind und im Winter sehr kurz, so dass man im Sommer viel Energie und Zeit für tolle Unternehmungen hat, und sich im Winter in eine Art „Winterschlaf“ begibt und mehr ausruht. Dies waren meine Vorstellungen von Skandinavien.

Wenig später lernte ich im Skiurlaub „meinen Dänen“ kennen und wir verliebten uns auf Anhieb. Zufall? Oder Schicksal? Nach einigen Monaten Fernbeziehung, in denen wir die knapp 1000 Kilometer zwischen Kopenhagen und Frankfurt hin- und herflogen, waren wir uns einig, ein gemeinsames Leben in Kopenhagen auszuprobieren. Knapp 10 Monate nach unserem Kennenlernen zog ich daher nach Dänemark und „testete“ das Auswandern in den hohen Norden. Der Test verlief erfolgreich: Heute, 6 Jahre später, lebe ich immer noch hier. Zwischenzeitlich sind wir verheiratet und haben eine Tochter (4) und einen Sohn (2).

Dänemark Impressionen cc 4Nordlicher.com

Dänemark Impressionen cc 4Nordlicher.com

 3. Wie hast du dich auf die Auswanderung vorbereitet?

Schon bevor ich mich für die Auswanderung entschieden hatte, begann ich, Dänisch zu lernen. Weniger als Vorbereitung für eine Auswanderung als einfach, weil ich Lust dazu hatte. Ich mag Sprachen generell sehr gerne und bestellte mir kurzerhand ein Sprachprogramm auf CD-ROM. Mit eiserner Disziplin, aber auch viel Spaß am neuen „Hobby“, paukte ich jeden Morgen vor der Arbeit dänische Vokabeln und Grammatik.

Nach einigen Monaten anstrengender Pendelei zwischen Frankfurt und Kopenhagen begann ich, mich auf verschiedenen Internetseiten und in Internet-Foren über die Vorgehensweise einer eventuellen Auswanderung nach Dänemark zu informieren. Dank Internet fand ich recht schnell Antworten auf typische Auswanderer-Fragen wie:

  •  Welche Auflagen gab es für die Einwanderung nach Dänemark?
  • Wo musste ich mich anmelden?
  • Durfte ich in Dänemark auch gleich arbeiten?
  • Wie standen generell die Chancen auf dem Arbeitsmarkt?
  • Wie und wo konnte ich die Sprache lernen? Welche finanzielle Unterstützung erhielt man an dieser Stelle?
  • Wie konnte ich mich in Dänemark selbst finanzieren?
  • Was kostete der Lebensunterhalt in diesem teuren Land?
  • Wie lief die Jobsuche in Dänemark ab und was benötigte ich hierfür?

Als ich die Entscheidung zur Auswanderung schließlich traf, wusste ich bereits genau, was zu tun war und konnte direkt loslegen.

Danach musste ich selbstverständlich noch die Brücken in Deutschland abbrechen -ein mindestens ebenso langwieriges Projekt. Es ist unglaublich, wieviele Verträge zu kündigen sind und wieviele Stellen über die neue Adresse im Ausland informiert werden müssen. Ich war mit dieser ganzen Bürokratie einige Zeit gut beschäftigt.

Ich plante eine Auswanderung auf Raten. Die erste Phase sollte eine Art  „Auswanderungs-Testphase“ sein. Ich behielt meine Wohnung in Deutschland und wollte diese erst aufgeben, wenn der „Test“ im Norden glückte. Als eher sicherheitsorientierter Mensch halte ich diese Vorgehensweise bei einer Auswanderung der Liebe wegen für empfehlenswert. Man weiß schließlich nie, ob man auch im Alltag zusammen passt…

Meinen Job kündigte ich zwar, aber in diesem Bereich hatte ich mich ohnehin verändern wollen – ob nun im Inland oder im Ausland. Mit meinem Arbeitgeber hatte ich für die ersten 3 Monate nach der Auswanderung noch eine Halbtagsstelle im Home-Office von Kopenhagen aus vereinbart.

Erst ein knappes Jahr nach meinem Umzug machte ich wirklich „Nägel mit Köpfen“ und meldete mich vollständig aus Deutschland ab.

am Strand cc 4Nordlichter.com

am Strand cc 4Nordlichter.com

 4. Welche nennenswerten Unterschiede gibt es zwischen dem Leben (und den Menschen) in Dänemark und Deutschland?

In Anbetracht der Tatsache, dass sowohl Deutschland als auch Dänemark westliche Kulturen darstellen, sogar Nachbarn sind und derselben Sprachfamilie angehören, gibt es recht viele Unterschiede in der Einstellung der Bevölkerung und generell in ihrer Lebensweise.

Es ist immer etwas heikel, allgemeingültige Aussagen über „die Dänen“ und „die Deutschen“ zu treffen und die Menschen anhand dessen zu vergleichen. In Deutschland habe ich 30 Jahre lang in einer eher ländlicheren Region gelebt, während ich in Dänemark in einen Großstadtraum zog. Schon hierdurch ergeben sich die ersten Unterschiede in der Lebensweise!

Von allgemeingültigen Aussagen nehme ich daher generell Abstand. Ich berichte aber gerne von denjenigen Unterschieden zwischen Deutschland und Dänemark, die ich ganz persönlich erlebt habe und immer noch erlebe.

Einige für mich wesentliche Unterschiede zwischen dem Leben in Deutschland und Dänemark sind z.B.:

  • Die meisten Menschen in Dänemark arbeiten, um zu leben. Und nicht umgekehrt. Karriere und Freizeit bzw. Familienleben schließen sich nicht unbedingt aus. Die Work-Life-Balance ist oft ausgewogener als in Deutschland. Bei meinem Arbeitgeber kann man das Bürogebäude z.B. bis 16 Uhr noch ganz normal verlassen. Von 16 bis 17 Uhr benötigt man hierfür bereits einen Chip mit einem Sensor sowie dem passenden Code. Ab 18 Uhr geht in der Firma der Hauptlichtschalter aus und man hat kein Licht mehr. Dies zeigt, mit welcher Personaldichte ab 16-17-18 Uhr noch gerechnet wird…
  • Das Familiengefüge ist gleichberechtigter als in Deutschland. Sowohl der Vater als auch die Mutter haben normalerweise einen (Vollzeits-)Job. Die Frauen gehen nach ihrem Erziehungsurlaub von cirka 1 Jahr wieder arbeiten, meist auch wieder in Vollzeit. Die finanziellen Belastungen einer Familie werden auf diese Weise relativ gleichberechtigt von beiden getragen. Meist ist der gemeinsame Lebensstandard aber auch auf zwei Gehälter ausgelegt, insbesondere in der Stadt. Die Kinder gehen nach der Erziehungszeit in Kindertagesstätten.
  • Die Frauen in Dänemark gebären im Durchschnitt mehr Kinder (1,8 bis 1,9) als die Frauen in Deutschland (< 1,4), da sie Beruf und Familie offenbar besser miteinander vereinbaren können.
  • Mir persönlich kommen die Menschen in Dänemark etwas gelassener vor. Sicherheit steht nicht an erster Stelle, sie sind risikofreudiger, wagemutiger und blicken optimistischer in die Zukunft. Man hört oft den Ausspruch: „Det skal nok gå“ – ”Das wird schon gehen“. Die Dänen sind meiner Ansicht nach schneller zufrieden mit ihrem Leben und etwas bescheidener veranlagt als wir Deutschen. Dies könnte möglicherweise mit eine Erklärung dafür sein, dass die Dänen jedes Jahr wieder aufs Neue das glücklichste Volk der Welt darstellen.

Ich hätte noch viele weitere Unterschiede in petto – große, kleine, mittlere, ernsthafte, lustige, merkwürdige…. Aber das würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen.

In meinem Blog www.4nordlichter.com habe ich zu diesem spannenden Thema daher extra eine eigene Kategorie eingerichtet: „Deutsch-Dänische Unterschiede“:
https://4nordlichter.com/

 5. Gut, dass du das Thema Blog ansprichst. Damit kommen wir direkt zu meiner nächsten Frage. Wie bist du zum bloggen gekommen?

In der Zeit nach meiner Auswanderung hielt ich mit regelmäßigen Sammel-E-Mails meine interessierte Familie, Freunde, Bekannte und Kollegen in der alten Heimat über meine ersten Schritte im neuen Land auf dem Laufenden. Das Interesse war hoch und ich erhielt viel positives Feedback.

Ich wurde oft aufgefordert, ein Buch oder einen Blog zu schreiben, da meine Leser gerne noch mehr von mir lesen wollten. Damals fehlte mir jedoch sowohl die Zeit als auch die Muße für ein solches Projekt.

Einige Jahre später ist es ja dank toller Internet-Plattformen sehr einfach geworden, einen eigenen Blog zu erstellen. Und als ich vor einigen Monaten wieder einmal gefragt wurde, warum ich nicht für eine größere Leserschaft schreibe, machte ich endlich Nägel mit Köpfen und begann mit meinem Blog „4 Nordlichter“.

 Hier schreibe ich nach und nach:

  • über meine Auswanderung nach Kopenhagen im Jahr 2007.
  • über die ersten Jahre, in denen ich hier langsam aber sicher Fuß fasste.
  • über das Leben in Dänemark und die Unterschiede zu Deutschland.
  • über die Jahre, in denen ich mit meinem Dänen eine Familie gegründet habe.
  • über das Familienchaos meiner deutsch-dänischen Familie
  • wie wir uns mit zwei lebhaften Kleinkindern gerade wieder in ein normaleres Leben zurückkämpfen 🙂
  • über Aktuelles und Wissenswertes aus Dänemark / Skandinavien

Außerdem gibt es immer wieder Fotos von verschiedenen Ecken in Dänemark, um einen Eindruck von diesem wunderbaren kleinen Land mit seinen weitläufigen 7300 Kilometern (!) Küste zu vermitteln.

Was vor 4 Monaten zunächst im Kleinen für mein persönliches Umfeld begann, hat sich zwischenzeitlich schon zu einer recht gut besuchten Leseplattform entwickelt. Mittlerweile kenne ich nur noch etwa die Hälfte der über 200 Follower persönlich.

Mir macht es großen Spaß, für meine Blog-Leser zu schreiben. Und das Buch folgt vielleicht auch noch eines Tages.

 6.Welchen guten Tipp hättest du für künftige Dänemark Auswanderer?

Ich habe gleich drei gute Tipps:

1) Die Sprache lernen!

Der Arbeitsmarkt hat sich sehr verändert in den letzten Jahren. Kam man früher am Arbeitsmarkt zu Beginn auch erst mal nur mit Englisch weiter, ist heute Dänisch so gut wie überall ein absolutes Muss.

2) Vorab schon einen Job finden!

Ich würde in der heutigen Zeit nicht mehr nach Dänemark auswandern, ohne einen Arbeitsvertrag in der Tasche zu haben. Es ist derzeit viel schwerer, einen Job zu finden als noch vor einigen Jahren. Als ich auswanderte, wurden in fast allen Branchen händeringend gute Mitarbeiter gesucht. Ich wanderte daher relativ sorglos ohne Job aus. Dies ist unter den heutigen Bedingungen nicht mehr empfehlenswert.

3) Geduld haben beim Kontakte knüpfen mit Einheimischen!

Es dauert seine Zeit, bis man sich in ein neues Umfeld integriert. Die Dänen sind freundlich, aber gehen anderen Menschen nicht unbedingt mit offenen Armen entgegen.

Mit dem Aufbau eines Alltags im neuen Land ergeben sich aber automatisch nach und nach neue Bekanntschaften und mit etwas Glück auch Freundschaften.

Es ist wohl nie einfach, in einem neuen Land Freunde unter Einheimischen zu finden, denn diese sind oft an ihrem Ort schon lange verwurzelt und haben ein funktionierendes soziales Umfeld.

Ich lernte zwar recht schnell deutsche Auswanderer in Kopenhagen kennen und knüpfte an der Sprachschule Kontakte. Die dänischen Bekannten/Freunde kamen aber erst ein gutes Stück danach. Also: Geduld mitbringen und nicht so schnell aufgeben!

Vielen Dank für das Interview!

2 Kommentare bei “Auswandern aus Liebe: Interview mit Dänemark Auswanderin Mary”

  1. Es ist immer wieder schön zu hören bzw. zu lesen, daß auch andere “Auswanderer” so glücklich sind in ihrem neuen Leben. Wenn ich diesen Artikel bzw. auch Mary’s Blog lese, kommen immer wieder wunderschöne Erinnerungen hoch, da wir ja ähnliches erlebt haben.
    Wünsche allen zukünftigen und bisherigen Ausgewanderten weiterhin viel Glück in ihrer neuen Heimat !

  2. Ich lebe nun schon seit über 33 Jahren in DK. Die ersten Jahre waren fantastisch und die Besten in meinem Leben.
    Aber DK hat sich leider in den Jahren sehr verändert.
    1 ) Die dänische Bevölkerung ist sehr Freundlich und hilfsbereit
    2) Die Natur ist sehr schön
    3) Die Schulen und Universiteten gut
    4) Auf dem Lande muss eine Familie zwei Autos haben um die Kinder fahren zu können und um zur Arbeit zu fahren.Der öffentliche Verkehr ist sehr sehr schlecht. Einen Supermarkt / Arzt und Zahnartzt findet man nur sehr selten auf dem Lande.Der dänische Staat lässt das Land langsam aber sicher verbluten.
    5) Man bezahlt sich dumm und dussellig an Steuern und indirekten Steuern aber die öffentlichen Leistungen sind nur mittel bis sehr schlecht.Die dänische Staatskasse kalkuliert mit 500 bis 700 mill. kronen durch Verkehrsbussgelder. Die dänische Bevölkerung wird einem wahren Bussgeldregen ausgesetzt.Hier wird an jeder Ecke geblitzt und Parkbussgelder verteilt.
    6) Die Polizei funktioniert sehr gut und sehr schlecht. Die Verkehrspolizei funktioniert sehr gut denn dieser Teil der Polizei treibt ja hunderte von Mill. in die Staatskasse.
    Die Kriminalpolizei funktioniert nur sehr schlecht denn dieser Teil der Polizei treibt ja kein Geld in die Staatskasse.
    Nur 7% aller Einbrüche werden aufgeklährt .
    Ein Paradis für Einbrecher aber die Hölle für alle Verkehrsteilnehmer.
    7) Das staatliche Gesundheitswesen funktioniert nur sehr schleppent. Für Operationen im Krankenhaus muss man mit monate langer Wartezeit rechnen.Also trots hoher Steuern muss man sich privat Versichern
    In der Zahnmedizin wird nur ein äusserst lächerlicher Zuschuss vom Staat bezahlt.
    Nun ist die Frage was mich noch hier in DK hält . Es ist natürlich meine Familie ( Frau , Kinder ) und meine guten Freunde.

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