Ein Jahr in Shanghai

CarinaInterview1 Kommentar

365 Tage in Shanghai. „Es war eine interessante Zeit und ich habe es nie bereut“, sagt Sören und zieht nach einem Jahr in China Bilanz. Er ist ein ehemaliger Kollege meines Mannes und bereitwillige gab er mir ein Interview, um von seiner Zeit in Shanghai zu erzählen. Er ist 41 Jahre alt, Maschinenbau-Ingenieur und vor gut drei Wochen wieder nach Deutschland zurückgekehrt.

Warum bist Du damals nach Shanghai gegangen?

Mein Arbeitgeber baute damals einen Produktionsstandort in der Nähe von Shanghai auf. Ich hatte schon oft für den asiatischen Raum gearbeitet und bereits mehrere Dienstreise nach China gemacht. Die Kontakte waren gut und so wurde ich irgendwann vom Personalchef angesprochen. Er bot mir an die Entwicklungsabteilung in China aufzubauen. Natürlich musste ich zunächst mit meiner Frau und meinem damals achtjährigen Sohn reden. Die beiden waren sofort Feuer und Flamme!

Und dann ging es sofort nach China?

Oh Nein, so einfach war das nicht. Wir wären sicher sofort aufgebrochen, aber die bürokratischen Hindernisse mussten wir zunächst aus dem Weg räumen. Obwohl mein Arbeitgeber kräftig in China investierte und Arbeitsverträge für chinesische Fachkräfte zusicherte, mussten wir lange auf ein Visum warten. Auch familiäre Dinge mussten wir regeln. Meine Eltern haben sich um unseren Hund und unser Haus gekümmert. Wir haben nur die nötigsten Sachen mitgenommen, da wir ja wussten, dass der Aufenthalt zeitlich begrenzt war.

Wie war der erste Eindruck von China?

Ich kannte Shanghai ja schon von den viele Dienstreisen und auch meine Frau war vor einigen Jahren einmal durch China gereist. Lediglich unser Sohn startete in Ungewisse. Doch alles in allem gesehen waren wir voller guter Erwartungen. Haben sich die Erwartungen erfüllt? Einige schon, doch die meisten leider nicht. Die erste Zeit in Shanghai war sehr schwer. Wir wohnten in einer kleinen Dienstwohnung im 10. Stock. Das war eine riesige Umstellung. In Stuttgart hatten wir unserer Einfamilienhaus mit Garten! Dort benötigte ich mit dem Fahrrad zehn Minuten zur Arbeit. In Shanghai war ich eine Stunde mit der Bahn unterwegs, um meinen Arbeitsplatz zu erreichen.

Was war Dein positivstes Erlebnis?

Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der chinesischer Kollegen war schon überwältigend. Auch der kollegiale Umgang wird mir in Erinnerung bleiben. In Deutschland wäre eine solche Offenheit nicht möglich. Hast Du auch negative Dinge zu berichten? Natürlich habe ich auch negative Dinge erlebt, aber ich denke, dass sind ganz normale Dinge. Trotzdem gab es nichts, was wir nicht aus dem Weg räumen konnten. Die sprachliche Barriere hat mich persönlich sehr gestört. Am schlimmsten fand ich, dass sogar viele meiner Kollegen noch nicht einmal die englische Sprache beherrscht haben. Mit einigen habe ich zwar zusammengearbeitet, aber ich habe sie aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse nicht wirklich kennengelernt. Auch die schrecklich stickige Luft in Shanghai hat uns ganz schön belasten. So schlimm hatten wir uns die Luftverhältnisse nicht vorgestellt.

Hast Du es bereut?

Nein in gar keinem Fall. Die Erfahrungen, die ich in Shanghai gemacht habe, wird mir niemand mehr nehmen können. Es war trotz vieler Hürden eine wunderbare Zeit und ich werde Sie sicher nicht vergessen. Trotzdem muss ich auch sagen, dass wir uns gerade in kritischen Zeiten immer wieder bewusst gemacht haben, dass wir nur zeitlich begrenzt dort leben wollten. Ein Jahr hat für uns persönlich ausgereicht. Wir könnten uns nie vorstellen, ein Leben lang in Shanghai zu bleiben.

über mich

Carina

1 Kommentar bei “Ein Jahr in Shanghai”

  1. Mich interessiert der Artikel von Carina über den Mann, der mit seiner Familie für ein Jahr nach Shanghai gegangen ist. Für einen Artikel in einer TV-Zeitschrift suche ich nämlich gerade nach einer Frau, die ihren Mann ins Ausland begleitet hat und darüber erzählen möchte.
    Könntet ihr mir weiterhelfen?
    LG Gitta

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