Arbeiten in Brasilien: Perspektiven und Jobsuche für Deutsche?

Rainer HellsternArbeiten im Ausland2 Kommentare

Brasilien ist sicherlich eines der wirtschaftlich interessantesten Auswandererziele. Zusammen mit Russland, China, Indien und Südafrika, zählt Brasilien zu den sogenannten Brics-Staaten, also den Wachstumsmärkten, von denen Ökonomen glauben, dass sie die Weltwirtschaft künftig dominieren werden. Es wird vermutet, dass Brasilien bis 2030 von der Wirtschaftsleistung her an Deutschland vorbeiziehen wird. Grund genug sich für mich mit den Arbeitsmöglichkeiten für deutsche Auswanderer in Brasilien zu beschäftigen:

Arbeiten für deutsche Unternehmen in Brasilien

Sicherlich der einfachste Weg nach Brasilien führt über eines der vielen deutschen Unternehmen. Brasilien ist Deutschlands wichtigster Handelspartner der Region, mehr als 1.300 hiesige Unternehmen haben Niederlassungen vor Ort. Alleine Volkswagen besitzt 5 Werke, weitere bekannte Marken sind beispielsweise Daimler, Bosch, BASF, Bayer und Siemens. Die meisten Firmen haben sich in der brasilianischen Wirtschaftsmetropole São Paulo angesiedelt, der mit 18 Millionen Einwohnern größten Stadt der südlichen Hemisphäre. Expatstellen werden in der Regel erst firmenintern ausgeschrieben und anschließend ggf. auf der Website des Unternehmens. Wer wissen möchte, welche deutschen Unternehmen in Brasilien tätig sind, kann auf der Website der deutsch-brasilianischen Industrie- und Handelskammer das Mitgliedsverzeichnis einsehen.

Die Goldenen Zeiten für Expats sind vorbei

Es gibt allerdings auch schlechte Nachrichten für künftige Expats. Die deutschen Unternehmen setzen genau wie hierzulande verstärkt auf innerbetriebliche Ausbildung und weniger auf Expats als Deutschland. Betroffen sind davon auch die Expatstellen in Leitungsfunktionen. Zum einen sind Expats durch zusätzliche Zulagen wie kostenlose Krankenversicherung, regelmäßiger Heimflug, Firmenwohnung, Firmenwagen und Schulgeld für Kinder im Vergleich deutlich teurer als Brasilianer, zum anderen unterscheidet sich die brasilianische Mentalität so stark von der hiesigen, dass bei Management-Positionen mit einer Einarbeitungszeit von bis zu 2 Jahren gerechnet werden muss. So etwas lohnt sich für die wenigsten Arbeitgeber. In vielen Branchen berichten Expats außerdem davon, dass sich die Löhne immer mehr dem landesüblichen Niveau anpassen. Hohe Zuschüsse für Expats gibt es fast nur noch in der Automobilbranche.

Wer sich mit anderen Expats über Lebens- und Arbeitsbedingungen in Brasilien austauschen möchte, für den ist die von drei Deutschen gegründete Expat-Community InterNations eine gute Anlaufstelle.

Rio de Janeiro

Alternative: Arbeiten für brasilianische Unternehmen

Brasilien ist reich an Bodenschätzen, Öl- und Gasvorkommen. Die größten Arbeitgeber des Landes sind die Ölfirma Petrobras (58.000 Mitarbeiter) und das Bergbauunternehmen Vale do Rio (52.646 Mitarbeiter). Auch die Landwirtschaft bietet interessante Perspektiven. Brasilien ist der weltweit drittgrößte Agrarexporteur. Die Bauwirtschaft profitiert derzeit von den großen Infrastrukturprojekten, die im Rahmen der Fußball-WM 2014 und Olympia 2016 umgesetzt werden. Auch im Hightech Bereich finden sich mit Arbeitgebern wie Embrear, dem drittgrößten Flugzeugbauer der Welt, Möglichkeiten.
Gesucht werden vor allem Techniker, Ingenieure und Naturwissenschaftler. Der jährliche Bedarf an Fachkräften in diesen Bereichen liegt bei ca. 60.000, allerdings verlassen nur knapp 30.000 ausgebildete Ingenieure jährlich die Hochschulen des Landes. Wer in einem brasilianischen Unternehmen Fuß fassen möchte, benötigt unbedingt gute portugiesische Sprachkenntnisse. Überdies sollte man sich bereits im Land aufhalten, eine Online-Bewerbung aus Deutschland ist chancenlos. Eine denkbare Option ist daher der Brasilien-Einstieg als Expat für ein deutsches Unternehmen. Ist erst mal der Kultur- und Mentalitätsschock überwunden, die in Brasilien so wichtigen Beziehungen aufgebaut und die Portugiesischkenntnisse auf einem verhandlungssicheren Niveau, kann sich ein Wechsel zu einer brasilianischen Firma finanziell sehr lohnen.

Alternative: Selbstständigkeit in Brasilien

Eine andere Alternative ist die Selbstständigkeit in Brasilien. Ab Investitionen von 600.000 Reais (ca. 225.000 Euro) können Geschäftsführer ein Daueraufenthaltsvisum beantragen. Bei mehreren Geschäftsführern muss die Investition entsprechend erhöht werden. Ebenfalls möglich ist ein Investment von 150.000 Reais (ca. 55.000 Euro), dann müssen allerdings innerhalb von 2 Jahren mindestens 10 Arbeitsplätze geschaffen werden.

über mich

Rainer Hellstern

Mein Name ist Rainer und ich bin Gründer und Autor des Auswandern Handbuchs. Seit 2008 verfasse ich hier Beiträge rund um die Themen Arbeit, Leben und Rente im Ausland. Mehr über mich.

2 Kommentare bei “Arbeiten in Brasilien: Perspektiven und Jobsuche für Deutsche?”

  1. Hallo,
    echt gelungener Artikel. Sehr informativ und gut zu lesen. Ich wohne seit 3 Jahren in Santa Catarina, bin allerdings verheiratet von daher habe ich nicht solche hohe Hürden nehmen müssen. Wusste gar nicht, dass es so schwierig ein Visum in Brasilien zu bekommen. Ich finde es hier wunderschön und wenn man sich mal daran gewöhnt hat, will man gar nicht mehr weg.

  2. In den letzten 20 Jahren habe ich für mehrere Niederlassungen von mittelständischen Firmen gearbeitet und kann mich heute nur den weisen Worten von Stephan Zweig anschließen, der schon vor über 50 Jahren erkannt hat: “Brasilien ist das Land der Zukunft – und wird es auch immer bleiben.”
    Das Land wird immer noch von einflussreichen Familienclans reagiert, die, wie im Mittelalter Ämter von Generation zu Generation vererben werden und wo Politik immer noch als „Geschäft“ angesehen werden und das Gemeinwohl und die Entwicklung von Land und Leuten meist noch zweitrangig sind. Zwar beseht eine generelle Wahlpflicht, aber wird mit teuren Werbespots dem einfachen wohl Volks erklärt, wer der richtige Kandidat ist.
    Zudem sorgt eine immer noch behäbige Bürokratie und eine träge und undurchsichtige Justiz dafür, dass Investoren und Unternehmen beim Markteintritt bzw. der Ausweitung Ihrer Aktivitäten weiterhin zurückhaltend agieren.

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