Anwartschaft und Krankenversicherung: Sinnvoll bei längeren Auslandsaufenthalten?

Rainer HellsternVorbereitung1 Kommentar

Krank im AuslandWer sich schon mal mit der Planung eines längeren aber nicht dauerhaften Auslandsaufenthalts beschäftigt hat (z.B. Weltreise, Langzeiturlaub etc..), hat sicherlich schon von der Anwartschafts- versicherung gehört. Konkret bedeutet Anwartschaft, dass man während des Auslandsaufenthalts weiterhin Mitglied der hiesigen Krankenversicherung bleibt. Da man sich aber im Ausland aufhält und währenddessen keinen Leistungsanspruch hat, zahlt man deutlich niedrigere Beiträge.

Keine einheitliche Handhabung!

Leider ist das Thema Anwartschaft nicht ganz unkompliziert und wird auch nicht von allen Versicherungsgesellschaften einheitlich gehandhabt. Ich habe dennoch versucht ein wenig Licht in den Versicherungsdschungel zu bringen, möchte aber jeden Leser bitten, einen Kommentar mit eigenen (möglicherweise anderen Erfahrungen) zu hinterlassen:

Der konkrete Fall:

Man ist für längere Zeit im Ausland z.B. ein Jahr auf Weltreise, überwintert 3 Monate in Florida oder absolviert einen 6-monatigen Sprachkurs in Australien. Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung haben während dieser Zeit keinen Leistungsanspruch, da sie sich außerhalb Europas (in Ländern ohne Sozialversicherungsabkommen) aufhalten. Entsprechend möchte man natürlich nicht die teuren Beiträge der hiesigen Krankenversicherung bezahlen. Üblicherweise schließt man für die Zeit eine Langzeit-Auslandskrankenversicherung ab, welche schon recht günstig, ab 1 Euro pro Tag, erhältlich ist.

Wohnsitz in Deuschland = pflichtversichert

In Deutschland gibt es allerdings eine Versicherungspflicht (§ 5 Versicherungspflicht). Im Grunde muss man auch während eines solchen Auslandsaufenthalts die vollen Krankenversicherungsbeiträge bezahlen, sofern man in Deutschland gemeldet ist. Erst durch die Verlegung des Wohnsitzes in einen Nichtabkommensstaat (=Abmeldung in Deutschland) endet die Mitgliedschaft mit der Ausreise.

Im Gesetz zur Versicherungspflicht gibt es allerdings den Absatz 13, in dem auf einen „anderweitigen Anspruch auf Absicherung“ hingewiesen wird. Viele Krankenkassen akzeptieren daher eine private Absicherung (=Langzeit Auslandskrankenversicherung)  als Ersatz bzw. anderweitigen Anspruch. (Rechtliche Grauzone / unbedingt mit Versicherung absprechen!). Sofern von der Krankenversicherung akzeptiert, ist für den Zeitraum des Auslandsaufenthalts dann die Kündigung der KV oder eine Anwartschaft denkbar:

Wie teuer ist die Anwartschaft?

Während der Anwartschaft ruht die hiesige KV (kein Leistungsanspruch). Bei der Anwartschaft bezahlt man dann nicht mehr die vollen KV-Beiträge (15.5% des tatsächlichen Einkommens), sondern nur einen deutlich geringen Beitrag, monatlich ca. 50 Euro.

Vorteile der Anwartschaft:

Nach dem Ende des Auslandsaufenthalts ist man direkt wieder versichert, ohne Neuanmeldung bei der Versicherung. In meinem Fall hat beispielsweise eine kurze E-Mail an den Sachbearbeiter (mit Kopie des Flugtickets) ausgereicht. Außerdem gelten die Zeiten der Anwartschaft als vollwertige Versicherungszeiten. Dies spielt beispielsweise eine Rolle, wenn bestimmte Vorversicherungszeiten für die Pflegeversicherung notwendig sind.

Nachteile der Anwartschaft:

Auch wenn ca. 50 Euro monatlich nicht die Welt sind, bezogen auf ein ganzes Jahr kann sich die Anwartschaft zu einer hübschen Summe addieren. Wer auf Weltreise ist und kein regelmäßiges Einkommen hat, möchte vermutlich nicht 600 Euro für eine Versicherung ohne jeglichen Leistungsanspruch bezahlen.

Weitere Ausnahmen:

Anwartschaft nicht in Europa möglich! Aufgrund eines Sozialversicherungsabkommens ist die Anwartschaft bei Langzeitaufenthalten in anderen Abkommensstaaten Europas (EU, EWR etc..) nicht möglich.

Nur bei berufsbedingten Reisen? Auf meine Anfrage hat ein großer Versicherer mitgeteilt, dass die Anwartschaft ausschließlich bei einem beruflich bedingten Auslandsaufenthalt in Betracht kommt und die Anwendung bei privaten Reisen nicht dem geltenden Recht entspricht. Mir selbst wurde allerdings die Anwartschaft von einer anderen Versicherungsgesellschaft vor einer rein privaten Reise angeboten. Man liest auch immer wieder vom Thema Anwartschaft in diversen Weltreiseforen D.h. auch hier scheint es eine gewisse Grauzone zu geben… (Wer hierzu mehr weiss, bitte kommentieren!)

Braucht man die Anwartschaft nun oder nicht?

Weiter oben hatte ich ja bereits das Thema Pflichtversicherung angesprochen. D.h., man braucht im Grunde keine Anwartschaft. Kehrt man nach Deutschland zurück, muss die Krankenversicherung einen auch wieder aufnehmen. Das gilt auch, wenn man nach der Reise erst mal arbeitslos oder sogar arbeitsunfähig ist. Man benötigt im Prinzip keine teure Anwartschaft, sollte allerdings einer Vertrauensperson in der Heimat eine Vollmacht ausstellen. Diese muss einen dann wieder anmelden, wenn man aus gesundheitlichen Gründen dazu nicht mehr in der Lage ist.

Sonderfall: Privat versichert

Wer bisher privat krankenversichert ist, sollte unbedingt vor dem Auslandsaufenthalt eine Anwartschaftsversicherung abschließen. Die Beiträge sind bei der Privaten Krankenversicherung nicht Lohn bzw. Einkommensabhängig. Entscheidend ist der Gesundheitszustand und das Alter beim Versicherungseintritt. Nur wer eine Anwartschaft abgeschlossen hat, kann nach dem Auslandsaufenthalt zu den gleichen Versicherungskonditionen wieder einzusteigen.

Wie sind deine Erfahrungen mit der Anwartschaft?

1 Kommentar bei “Anwartschaft und Krankenversicherung: Sinnvoll bei längeren Auslandsaufenthalten?”

  1. Ergänzung im Fall privater KV:
    Abhängig von der Dauer des Auslandsaufenthalts und dem Zielland leistet eine private KV auch im Ausland. Für die meisten Länder (bei mir alle außer USA und Schweiz) kann die Dauer auch kostenlos verlängert werden.
    Es empfiehlt sich vor Antritt der Reise die KV zu kontaktieren (oder die entsprechenden Informationen den Vertragsunterlagen zu entnehmen).

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